Der Winter 2016/17
Nach drei Mildwintern erstmals wieder ein „normaler“ Winter
von Markus Seebass
Mit dem Winter 2016/17 trat erstmals seit vier Jahren wieder ein Winter auf, der angesichts der gehäuft auftretenden Mildwinter der letzten Jahre wieder als „normal“ angesehen werden kann.
Temperatur
Im Kälte-Ranking aller Winter seit dem Aufzeichnungsbeginn am Potsdamer Telegrafenberg im Jahre 1893 liegt der zurückliegende Winter mit einem Mittelweit von 1,07 Grad auf dem 74. Platz – und somit im unteren Mittelfeld. Den 74. Platz muss er sich allerdings mit dem Winter 1935/36 teilen, der identisch temperiert ausgefallen war. Vergleicht man ihn mit dem Mittelwert des 20. Jahrhunderts für alle Wintermonate (0,11 Grad), beträgt die Positivabweichung 0,96 Grad. Legt man den Referenzwert der Jahre 1961-1990 zugrunde (0,03 Grad), liegt der Wärmeüberschuss sogar bei 1,04 Grad. Mit diesen Werten ist der vergangene Winter wie seine Vorgänger übertemperiert ausgefallen, doch blieb der Wärmeüberschuss diesmal moderat und kann als „normal“ eingestuft werden. Gegenüber dem Vorwinter 2015/16 blieb er immerhin um 2,24 Grad kälter.
Mit dem Winter 2016/17 wurde jedoch bereits der sechste übertemperierte Winter in Folge verzeichnet. Untertemperiert war der Winter zuletzt 2010/11 und „kalt“ 2009/10.
Wie schon im Vorjahr war die Wärme des Winters zeitlich sehr ungleich verteilt und konzentrierte sich schwerpunktmäßig auf die Monate Dezember 2016 und Februar 2017. Der Januar 2017 war hingegen untertemperiert ausgefallen. Doch auch die Mildmonate Dezember und Februar konnten nicht mit den enormen Wärmeüberschüssen aufwarten, die in den gleichen Monaten des vorangegangenen Winters gemessen wurden.
Dez |
Jan |
Feb |
||
Ds. 1900 - 1999 |
0,71 |
-0,54 |
0,17 |
0,11 |
Winter
2016/2017 |
2,65 |
-1,42 |
2,07 |
1,07 |
Abweichung |
1,94 |
-0,88 |
1,90 |
0,96 |
Farben: Rosa = überdurchschnittlich temperiert. Blau =
unterdurchschnittlich temperiert
Angaben in Grad Celsius
Die Kältesumme des Winters 2016/17 lag bei 90,47 Grad und lag damit immerhin um 15,72 Grad höher als die des Vorwinters (74,75 Grad). Wie schon im Winter 2015/16 trat die meiste Kälte im Januar auf. Allerdings konnten diesmal die übrigen Monate ebenfalls etwas zur Kältebilanz beitragen. Im Winter 2015/16 trat die Kälte fast ausschließlich im Januar auf, während die übrigen Monate mangels Dauerfrost kaum Kältegrade „beisteuern“ konnten. Dennoch blieb auch der vergangene Winter mit eine Kältesumme von 90,47 Grad deutlich unter den 164,8 Grad, die statistisch gesehen in allen drei Wintermonaten zu erwarten gewesen wären.
Bemerkenswert ist auch, dass im Januar 2017 mit einer Kältesumme von 54,19 Grad ein niedrigerer Wert gemessen wurde als im Januar 2016 mit 73,69 Grad – obgleich er um 1,1 Grad kälter war als der Vorjahresmonat (-1,42 Grad im Januar 2017 gegenüber -0,32 Grad im Januar 2016). Der Grund liegt darin, dass es im Januar 2016 eine kompakte Kaltphase mit stärkerem Dauerfrost gab, während im Januar 2017 mehrere Kälteeinbrüche verzeichnet werden konnten, die allerdings (einzeln betrachtet) nicht sonderlich intensiv ausgefallen waren.
Die Großwetterlage war im Winter 2016/17 eine völlig andere als im vorangegangenen Winter. Während damals die typische milde Westwetterlage dominierte, waren in der jetzt zu Ende gegangenen kalten Jahreszeit die Westdrift und die zugrundeliegende Nordatlantische Oszillation (NAO) schwach ausgebildet. Tatsächlich hätte der Winter 2016/17 am Anfang sogar das Potential zu einem richtigen Kaltwinter gehabt. Bereits Ende November hatten sich sehr kalte Luftmassen über Sibirien bis zum Ural an die Grenze von Europa ausgebreitet. Gleichzeitig bildeten sich immer wieder meridionale Strömungsmuster aus, die Kaltluftmassen weit nach Süden bringen konnten. Dies geschah aber meistens wesentlich weiter östlich und so verblieb Mitteleuropa meistens westlich der kalten Tröge auf der wärmeren Seite. Eine dynamische Ostwetterlage, die Kaltluftmassen nach Mitteleuropa hätte bringen können, stellte sich immer nur sehr kurzzeitig ein. Vergleicht man die Großwetterlage mit jener im letzten kälteren Winter 2010/11 stellt man auffällige Ähnlichkeiten fest. Damals lag der Osten Deutschlands aber meistens auf der kalten Seite der Troglagen, was den Wettercharakter – trotz ähnlicher Ausgangssituation – wesentlich frostiger gestaltete. Aus diesem Vergleich ist ersichtlich, dass das Wetter eben auch vielen Zufällen geschuldet ist und die Verschiebung einer Großwetterlage um wenige hundert Kilometer bereits erhebliche Auswirkungen auf das Regionalwetter eines Gebietes haben kann.
In den Wintermonaten 2016/17 (dazu zählen meteorologisch der Dezember, der Januar und der Februar) wurden 59 Frosttage registriert, also etwa einer mehr als in einem Durchschnittswinter (1900 – 1999) zu erwarten gewesen wären (58,1 Frosttage). Eistage traten immerhin 16 auf – und davon neun im Januar. Das sind 6,2 Eistage weniger als in einem ganzen Winter zu erwarten gewesen wären. Der Wert von -10,0 Grad wurde nur an einem Tag unterschritten, nämlich am 06.01.17 mit -10,5 Grad Celsius. Im statistischen Mittel hätte die absolute Tiefsttemperatur des Januars bei -12,2 Grad Celsius gelegen.
Sonnenscheinstunden
Die Sonnenbilanz fiel fast identisch aus, wie im Vorwinter. Nicht nur, dass fast genauso viele Sonnenscheinstunden registriert wurden (183,6 Stunden gegenüber 190,0 Stunden im Winter 2015/16) – die Verteilung war auch recht ähnlich. Wie im Vorjahr wies der Dezember den stärksten Sonnenscheinüberschuss aus, der sich im Januar verkleinerte und im Februar dann zu einem geringen Defizit umkehrte. Insgesamt war der Winter aber um 16,5 Stunden „sonniger“ als im Durchschnitt. Weit höher als im Vorwinter war jedoch mit 44 die Zahl der Tage ohne Sonnenschein (im Winter 2015/16 34 solcher Tage, im Jahrhundertmittel 38,6 Tage).
Dez |
Jan |
Feb |
||
Ds.
1900 - 1999 |
42,4 |
53,0 |
71,7 |
167,1 |
Winter
2016/2017 |
54,4 |
59,3 |
69,9 |
183,6 |
Abweichung |
12,00 |
6,30 |
-1,80 |
16,5 |
Farben: Gelb
= überdurchschnittliche Sonnenscheindauer
Grau = unterdurchschnittliche Sonnenscheindauer
Angaben in Stunden
Niederschlag
Das Niederschlagsaufkommen entsprach in den Wintermonaten des Jahres 2016/17 fast punktgenau dem Durchschnitt.
Dez |
Jan |
Feb |
||
Ds. 1900 - 1999 |
48,8 |
45,0 |
36,7 |
130,5 |
Winter 2016/2017 |
60,4 |
38,0 |
33,6 |
132,0 |
Abweichung |
11,60 |
-7,00 |
-3,10 |
1,5 |
Farben: : Beige = unterdurchschnittlicher Niederschlag. Grün = überdurchschnittlicher Niederschlag
Angaben in Millimeter (mm)
Im Gegensatz zu den meisten Regionen Deutschlands (in denen der Winter z. T. sehr trocken war) wurde sogar noch ein ganz leichter Überschuss von 1,5 mm gemessen. Im Winter zuvor gab es ein Defizit von 7,2 mm, was aber ebenfalls noch als „fast dem Durchschnitt entsprechend“ bezeichnet werden kann.
Während aber im Winter 2015/16 der Februar als einziger Monat aus statistischer Sicht „zu nass“ war, galt dies im zurückliegenden Winter nun für den Dezember.
Schneefall
Mit insgesamt 14 cm gefallener aufsummierter Menge Schnee war der Winter 2016/17 noch etwas schneeärmer als der Vorwinter (16 cm). Dies entspricht weniger als der Hälfte der statistisch üblichen Menge (32,2 cm). Betrachtet man nicht nur den meteorologischen Winter, sondern die gesamte Kaltsaison, hätten es im Mittel sogar 43,0 Zentimeter sein müssen. Der Januar 2017 war jedoch der einzige Monat, in dem Schnee gefallen war, sodass hinsichtlich des Schnees 2016/17 die „Winterbilanz“ mit der „Kaltsaison-Bilanz“ identisch ist. Beide „Bilanzen“ sind somit weit unterdurchschnittlich ausgefallen. Alle übrigen Monate waren schneefrei geblieben. Eine geschlossene Schneedecke von mind. einem Zentimeter Höhe lag an 32 Tagen, 14 mehr als im Vorwinter, davon 28 im Januar und vier Tage im Februar. Dies entspricht exakt dem Durchschnittswert für die Wintermonate (32,4 Tage), der durchschnittliche Saisonwert (40,3 Tage) wurde jedoch klar verfehlt. Die höchsten Schneedecken wurden am 16.01.17 sowie am 17.01.17 mit jeweils neun Zentimetern gemessen – ein vergleichsweise niedriger Maximalwert für eine Schneedecke im Winter
Schlussbetrachtung
Der Winter 2016/17 hat hinsichtlich der Temperaturen (gemessen an den Vorwintern) wieder zu einer Normalisierung geführt. Die Großwetterlage war wieder stärker meridional geprägt, doch blieb es weitgehend mild, besonders im Dezember und im Februar. Lediglich der Januar brachte mit Schnee und Kälte etwas winterlichere Verhältnisse. Wie bereits erwähnt, hätte die Großwetterlage über Eurasien im Zeitraum November/Dezember auch zu einem wesentlich kälteren Winter führen können. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass der Winter 2016/17 „unentschlossen“ war und trotz Potenzial nicht so recht auf Kälte „umschalten“ wollte. So blieb es bei einer Dreiteilung des Winters zwischen „mild“ (Dezember), „mäßig kalt“ (Januar) und wieder „mild“ (Februar). Schlussendlich war es aber eine völlig normal temperierter Winter der milderen Klasse, mit durchschnittlichem Niederschlagsaufkommen und leicht überdurchschnittlichem Sonnenschein.
Markus Seebass
im März 2017
Achtung:
Die Statistiken 1a, 1c, 2, 3, 12a, 13a, 18, 21 und 23, 24, und 28 beinhalten das für diesen Artikel relevante
Datenmaterial.