Der Sommer 2017
Der Sommer 2017 war der
niederschlagsreichste Sommer seit 90 Jahren.
von Markus Seebass
Teil 1 – Niederschlag
Während die Sommer der letzten Jahre statistisch gesehen hauptsächlich durch große Wärmeüberschüsse aufgefallen waren, mauserte sich der Sommer 2017 zu einem „Regensommer“.
Mit 389,0 Millimetern gefallenem Niederschlags waren die meteorologischen Sommermonate Juni, Juli und August 2017 am Potsdamer Telegrafenberg insgesamt die niederschlagsreichten seit 1927 und die zweitniederschlagreichsten seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahre 1893.
Betrachten wir die zehn niederschlagreichsten Sommer seit 1893 am Telegrafenberg einmal etwas näher:
Sommer: |
Niederschlag (mm): |
1907 |
313,7 |
1926 |
323,0 |
1927 |
400,4 |
1954 |
322,3 |
1955 |
334,4 |
1966 |
299,9 |
2002 |
296,0 |
2007 |
296,8 |
2011 |
310,4 |
2017 |
389,0 |
Die Aufstellung lässt zweierlei erkennen: Zum ersten, dass zweimal zwei sehr regenreiche Sommer hintereinander aufgetreten sind (1926 und 1927 sowie 1954 und 1955). Diese Tatsache ist als ein weiteres Indiz dafür zu werten, dass das Wetter bestimmten Strömungsmustern folgt, die mehrere Jahre anhalten und in diesen Zeiträumen dann eine bemerkenswerte Wiederholungs- und Erhaltungsneigung aufweisen können. Zum zweiten fällt auf, dass sich seit dem Beginn des neuen Jahrtausends mit gleich vier sehr niederschlagsreichen Sommern eine auffällige Häufung solcher Sommermonate gezeigt hat. Mit den Sommern 2004 (264,5 mm) und 2012 (287,8 mm) kommen nochmals zwei weitere sehr „nasse“ Sommer hinzu, die in der o. g. Aufstellung nur deshalb fehlen, weil sie nicht den Niederschlags-Top-Ten-Sommern zuzurechnen sind. In einem durchschnittlichen Sommer fallen gerade einmal 194,8 Millimeter Niederschlag.
Die Niederschlagsbilanz des Sommers 2017 verteilte sich auf die einzelnen Monate folgendermaßen:
Juni |
Juli |
Aug |
||
Ds. 1900 - 1999 |
64,1 |
66,5 |
64,2 |
194,8 |
Sommer 2017 |
170,6 |
145,7 |
72,7 |
389,0 |
Abweichung |
106,5 |
79,20 |
8,50 |
194,2 |
Farben: : Beige =
unterdurchschnittlicher Niederschlag. Grün
= überdurchschnittlicher Niederschlag
Angaben in Millimeter (mm)
Damit waren alle drei Sommermonate „zu nass“, doch der Niederschlag verteilte sich recht unterschiedlich. Während die Niederschlagsmenge des Monats Juni mit 266,15% (gemessen am Mittelwert des 20. Jahrhunderts) schon als „extrem“ einzustufen ist, kann sie im Juli mit 219,1% noch als „sehr hoch“ und im August mit 113,2% als „moderate Überschreitung“ bewertet werden. Diese Bewertung wird noch durch andere Zahlen deutlich. Der Monat Juni 2017 war mit 170,6 Millimetern der zweitniederschlagsreichste Juni seit Aufzeichnungsbeginn (lediglich der Juni 1990 brachte mit 180,0 Millimetern noch mehr Niederschlag). Der Juli 2017 belegt im Niederschlags-Ranking aller Juli-Monate lediglich den elften Platz. Mit 202,3 Millimetern führt der Juli 1907 hier die Liste an. Angesichts fast gleicher Durchschnittswerte beim Niederschlag (64,1 bzw. 66,5 Millimeter) mag hier die Unterschiedlichkeit der Monate Juni und Juli beim Ranking-Platz überraschen. Vergleicht man jedoch einmal alle Juni- und Juli-Zahlen, stellt man fest, dass im Juli die Anzahl extrem niederschlagsreicher Monate bedeutend größer ist. Dem stehen allerdings auch wesentlich mehr extrem trockene Monate gegenüber. Zu bedenken ist jedoch dabei, dass die Gewitterneigung im Monat Juli statistisch gesehen am größten ist. Dies bedeutet, dass Regen oftmals in kurzer Zeit regional sehr begrenzt fällt. So kann ein kräftiger Gewitterschauer an einem Tag die Niederschlagsbilanz eines Juli-Monats bereits nachhaltig beeinflussen. Dies unterscheidet den Juli mehr oder weniger stark von den anderen Monaten des Jahres, in denen Niederschlag häufiger als Landregen fällt und sich gleichmäßiger auf verschiedene Tage verteilt. Die Niederschlagsbilanz des August war ebenfalls überdurchschnittlich, doch kann sie statistisch gesehen als unauffällig gelten.
Charakteristisch für den Sommer 2017 war eine Großwetterlage, bei der auf vergleichsweise südlicher Bahn immer wieder Tiefdruckgebiete vom Atlantik bis nach Mitteleuropa geführt wurden. Da die Tiefdruckrinne nicht aus Nordwesten, sondern aus Westen bzw. Südwesten kam, war es trotz häufiger Niederschläge vergleichsweise warm. Der Regen fiel – insbesondere im Juni – jedoch nicht innerhalb kurzer Zeit während eines Gewitters, sondern überdauerte mehrere Tage. Insbesondere am 29.06.17 fielen kontinuierlich über den ganzen Tag verteilt 74,6 Millimeter Regen. Eine Besonderheit der geschilderten Großwetterlage lag auch darin, dass die Niederschlagszonen gerade über Deutschland teilweise verwirbelten und damit „ortsfest“ wurden. Das besagt, dass sie sich kaum noch von der Stelle bewegten und rotierend ihre Regenlast über einer Region (hier Nordostdeutschland) entladen konnten. Dies war Ende Juni 2017 in Potsdam der Fall. Am 24.07.17 wiederholte sich die Wetterlage erneut, doch lag diesmal der Schwerpunkt weiter westlich, sodass der Telegrafenberg mit einem Regenaufkommen von 52,6 Millimetern etwas glimpflicher davon kam.
In den Sommermonaten 2017 fiel der Niederschlag auf 53 Tage verteilt. Das ist ein hoher Wert, aber kein Rekordwert. Im Durchschnitt (1900 – 1999) fallen in den Monaten Juni bis August an 41,5 Tagen Regenmengen von mind. 0,1 Millimeter. Der Rekord wurde im Sommer 1987 erreicht – mit 59 Niederschlagstagen.
Gewitter traten an 19 Tagen auf – zwei mehr, als statistisch zu erwarten gewesen wären (17,2 Gewittertage). Den Rekord hält hier jedoch der Sommer 1910 mit 29 Gewittertagen.
Teil 2 – Temperatur
Mit 18,46 Grad Celsius war der Sommer 2017 deutlich kühler als seine beiden Vorgänger, doch war er noch immer um 1,11 Grad wärmer als der durchschnittliche Sommer des 20. Jahrhunderts (17,35 Grad).
Juni |
Juli |
Aug |
||
Ds. 1900 - 1999 |
16,47 |
18,21 |
17,36 |
17,35 |
Sommer 2017 |
18,25 |
18,51 |
18,61 |
18,46 |
Abweichung |
1,78 |
0,30 |
1,25 |
1,11 |
Farben: Rosa =
überdurchschnittlich temperiert. Blau = unterdurchschnittlich temperiert
Angaben in Grad Celsius
Absolut gesehen war der Monat August mit 18,61 Grad der wärmste Monat, gemessen am Mittelwert des 20. Jahrhunderts war es jedoch der Juni mit 18,25 Grad, was einen Wärmeüberschuss von 1,78 Grad bedeutet. Dies ist angesichts des Niederschlagsreichtums im Juni ein Wert, der nicht unbedingt zu erwarten gewesen wäre.
Der Sommer 2017 liegt im sommerlichen Wärme-Ranking (von allen Sommern seit 1893) auf dem 23. Platz (zusammen mit dem Sommer 1999). Damit ist er seit dem Sommer 2014 der erste, der hinsichtlich seiner Temperatur nicht mehr den „Wärme-Top-Ten-Sommern“ zuzurechnen ist. Ähnlich wie im Vorjahressommer 2016 war die Wärme im Sommer 2017 über die drei Monate hinweg aber vergleichsweise homogen verteilt. Während der Juni – wie schon erwähnt – den höchsten Wärmeüberschuss aufzuweisen hatte, war dieser im Juli mit 0,3 Grad vergleichsweise moderat ausgefallen.
Die oben bereits umschriebene Großwetterlage hat zumeist mäßig warme Atlantikluft nach Mitteleuropa verbracht. Zwischen den einzelnen Tiefdruckgebieten konnten sich allerdings immer wieder Zwischenhochs durchsetzen, die zwar keinen langen Bestand hatten, aber doch auch für eine stärkere Warmluftzufuhr sorgten. So konnte sich, trotz des Regenreichtums, über alle drei Monate hinweg ein moderater Wärmeüberschuss aufbauen. Wie auch im Jahre 2016 blieben extreme Hitzewellen völlig aus. Lediglich zwei Heiße Tage mit einer Maximaltemperatur von 30,0 Grad oder darüber wurden verzeichnet, fünf weniger als der Durchschnitt, neun weniger als 2016 und neunzehn weniger als im Sommer 2015. Für die Hitzebilanz des Jahres 2017 dürfte rückblickend der Monat Mai mit vier Heißen Tagen den größten Beitrag geleistet haben.
In den drei Sommermonaten des Jahres 2017 wurden 80 Warme Tage registriert, während in einem Durchschnittsjahr (1900 – 1999) 68 solcher Tage zu erwarten gewesen wären. Sommertage gab es 31, einen mehr als statistisch gesehen üblich und zehn weniger als im Vorsommer 2016.
Die 35-Grad-Marke wurde in den Sommermonaten 2017 gänzlich verfehlt. Dies gilt auch für
Tage mit einem Minimalwert von 20,0 Grad oder darüber (die Nächte solcher Kalendertage werden entsprechend auch als „Tropennächte“ bezeichnet). Eine solche Tropennacht wurde im Sommer 2017 ebenfalls nicht registriert.
Die Höchsttemperatur des Sommers wurde in Potsdam am 30.07.17 mit 31,6 Grad registriert. Dies ist für Juli ein leicht unterdurchschnittlicher Wert. Allerdings war bereits am 28.05.17 eine Temperatur von 32,0 Grad gemessen worden – für den Frühlingsmonat Mai ein außergewöhnlich hoher Wert.
Teil 3 – Sonnenschein
Hinsichtlich der registrierten Sonnenscheinstunden zeigten sich die Sommermonate 2017 überdurchschnittlich – wenn auch etwas geringfügiger als im Jahre 2016. Mit 736,8 Stunden lag die Summe um 57,8 Stunden über dem Mittelwert des 20. Jahrhunderts von 679,0 Stunden. Mit diesem Ergebnis kommt der meteorologische Sommer 2017 jedoch im Ranking hinsichtlich der Sonnenscheindauer lediglich auf den 37. Platz. Der Sommer 2016 hatte im Ranking der Sonnenscheinstunden noch den 31. Platz belegt.
Juni |
Juli |
Aug |
||
Ds. 1900 - 1999 |
232,7 |
233 |
213,3 |
679,0 |
Sommer 2017 |
253,4 |
233,8 |
249,6 |
736,8 |
Abweichung |
20,7 |
0,8 |
36,3 |
57,8 |
Farben: Gelb = überdurchschnittliche
Sonnenscheindauer Grau =
unterdurchschnittliche Sonnenscheindauer
Angaben in Stunden
Die Sonnenscheinverteilung innerhalb des Sommers war jedoch unterschiedlich. Während in den Monaten Juni und August moderate Sonnenscheinüberschüsse gemessen werden konnten, war die Bilanz im Monat Juli nahezu ausgeglichen. Bemerkenswerterweise war dies im Sommer 2016 ebenso. Keiner der Monate erreichte hinsichtlich der Sonnenscheinstunden Extremwerte.
Schlussbetrachtung
Der Sommer 2017 war zwar erneut ein „zu warmer“ Sommer, doch bewegten sich die Wärmeüberschüsse in moderaten Grenzen. Die größte Auffälligkeit waren die sich häufig wiederholenden Großwetterlagen, die besonders den Monaten Juni und Juli starke Regenmengen bescherten und dem Sommer 2017 den zweit-niederschlagreichsten Platz aller Sommer seit 1893 in Potsdam einbrachten. Dass diese Tatsache ein weiteres Indiz für die moderne Klimaerwärmung ist (wie in der Presse häufig zu lesen), muss sich noch zeigen. Eine Auffälligkeit bei der Häufung von Regensommern seit dem Jahr 2000 ist gegeben, doch reichen die Zahlen noch nicht aus, um einen eindeutigen Trend auszumachen. Eine Trendwende zu trockenheißen Sommern (wie von manchen Klimaprognosen für das Land Brandenburg vorhergesagt) wäre ebenfalls nicht auszuschließen. Die Antworten auf diese Fragen können erst die kommenden Jahre bringen.
Markus Seebass
im September 2017
Achtung:
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