April 2018
Nur neun Jahre nach dem „Rekord-April
2009“ gab es schon wieder einen Wärme-Rekord
von Markus Seebass
Mit einer Durchschnittstemperatur von 13,46 Grad Celsius kam es mit dem April 2018 erneut zu einem Wärmerekord-Monat. Dabei lag der bisherige „wärmste April“ in Potsdam seit dem Aufzeichnungsbeginn im Jahre 1893 gerade einmal neun Jahre zurück. Im Jahre 2009 wurden 13,22 Grad erreicht, 0,24 Grad weniger als jetzt. Der April 2018 war aber sogar etwas wärmer als ein durchschnittlicher Mai-Monat (13,33 Grad im Mittelwert der Jahre 1900 – 1999). Mit 256,3 gemessenen Sonnenscheinstunden war der April 2018 auch wieder sehr sonnenscheinreich. Der Durchschnittswert für einen April-Monat (171,2 Stunden) wurde gleich um 85,1 Stunden überboten, was einem Anteil von 49,7% entspricht. Auch hier lag der April 2018 über dem Wert eines durchschnittlichen Mai-Monats (231,1 Stunden), doch wurde kein Rekord erzielt. Weiterhin hat hier der April 2009 mit 299,6 Stunden die Nase vorn, gefolgt von den April-Monaten 1953 (275,4 Stunden), 2007 (270,0 Stunden) und 1893 (258,9 Stunden.
Seit dem Beginn der modernen Klimaerwärmung (in Potsdam seit 1989, vgl. Artikel 1) ist zu beobachten, dass die April-Monate immer wärmer und immer sonnenscheinreicher werden. Hinsichtlich der Wärme geht die Entwicklung auch über die Steigerungen anderer Monate hinaus.
Von 1989 - 2017 haben sich die April-Monate im 29jährigen Mittelwert um 1,51 gemessen am Durchschnittswert der Jahre 1900 – 1999 erwärmt. Dies wird lediglich von den Februar-Monaten noch übertroffen (1,59 Grad). Dagegen haben sich die September- und Oktober-Monate mit 0,58 und 0,55 Grad vergleichsweise moderat erwärmt.
Bei dieser Rechnung wurde allerdings der April 2018 noch nicht mitberechnet. Bezieht man ihn ein, kann ein direkter Vergleich logischerweise nur für die ersten vier Monate des Jahres 2018 erfolgen, weil nur diese bereits abgelaufen sind. Im 30jährigen Mittelwert der Jahre 1989 – 2018 haben sich die April-Monate um 1,64 Grad, die Februar-Monate um 1,48 Grad, die Januar-Monate um 1,31 Grad und die März-Monate um 1,18 Grad erwärmt.
Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn man die Entwicklung speziell seit der Jahrtausendwende bis zum vergangenen Jahr betrachtet. Hier liegt die Erwärmung der April-Monate gemessen am Mittelwert des 20.Jahrhunderts sogar bei 1,89 Grad (der April 2018 wurde hier noch nicht mitberechnet). Ebenfalls stärkere Erwärmungen sind hier für die Monate Februar und November zu konstatieren (1,41 Grad bzw. 1,47 Grad), während die Monate September und Oktober mit 0,78 bzw. 0,80 Grad mit einer vergleichsweise moderaten Erwärmung davongekommen sind. Als ebenfalls moderat kann man die Erwärmung im Januar mit 0,91 Grad bezeichnen. Dieses im Vergleich zur „1989-2018-Betrachtung“ günstigere Bild ist primär der Tatsache geschuldet, dass es in den 1990er-Jahren mehrere sehr milde Januar-Monate hintereinander gegeben hatte, die sich in dieser Häufung nicht mehr wiederholt haben und in dieser Statistik nicht mehr enthalten sind. Rechnet man den abgelaufenen Monat April 2018 mit ein, wurden in den Jahren 2000 – 2018 der Mittelwert des 20. Jahrhunderts um 2,07 Grad überschritten.
Erhellend ist auch ein direkter vergleichender Blick auf die April-Monate der letzten Jahre und die entsprechenden langjährigen Mittelwerte. Von 1989 - 2017 gab es lediglich drei April-Monate, die noch unterdurchschnittliche Temperaturen aufzuweisen hatten (1991, 1997, 2001). Seit dem April 2001 ist kein solcher Monat mehr „zu kalt“ ausgefallen. Zum Vergleich: Seit 1989 sind immerhin noch 13 September- und 13 Oktober-Monate unterdurchschnittlich (gemessen am Mittelwert des 20. Jahrhunderts) ausgefallen. Bei den Februar-Monaten waren es elf, bei den Juni- und den Dezember-Monaten immerhin zehn. Betrachtet man den Zeitraum ab der Jahrtausendwende bis 2017 ergibt sich ein ähnliches Bild. Bei den April-Monaten war lediglich noch einer „zu kalt“ (2001), während es bei den Februar-, den September und den Oktober-Monaten noch sieben waren.
Diese Betrachtung ist natürlich sehr „holzschnittartig“, da hier nur auf die Über- oder Unterschreitung des 100jährigen Mittelwertes des 20. Jahrhunderts abgestellt wird. Unberücksichtigt bleibt die Stärke der Unterschreitungen. Betrachtet man einmal, wie viele Monate in den Jahren 2000 – 2017 eine Temperaturunterschreitung von mindestens einem Grad Celsius aufzuweisen hatten, wird das Bild noch eindeutiger. Solche Temperaturunterschreitungen gab es im April gar keine mehr. Dies gilt allerdings auch für die August-Monate. Immerhin drei solche unterkühlteren Monate wurden noch bei den Januar-, den Oktober- und den Dezember-Monaten registriert. Zu berücksichtigen ist hier allerdings auch, dass gerade bei den Wintermonaten die meteorologisch mögliche Temperaturspannbreite ohnehin größer ist und Temperaturabweichungen (in beide Richtungen) daher statistisch gesehen häufiger auftreten als in den Sommermonaten oder den Monaten der Übergangszeit.
Beeindruckend ist auch das nachfolgende Diagramm:
Hier wird die Schwankungsbreite bei der Temperaturhistorie der April-Monate seit dem Jahr 1900 in den einzelnen Dekaden deutlich. Bis in die 1970er-Jahre gab es ein Auf und Ab bei den Temperaturen. Während das 20.Jahrhundert in seiner ersten Dekade in den April-Monaten (wie in allen anderen Monaten auch) sehr kalt startete, setzte eine anschließende Erwärmung ein, die in den 1940er-Jahren gipfelte. Die 1950er-Jahre brachten wieder ein Absinken, die 1960er-Jahre wieder einen Anstieg und die 1970er-Jahre brachten sehr kalte April-Monate hervor, die fast das niedrige Temperaturniveau der ersten Dekade erreichten. Seit den 1980er-Jahren setzte jedoch ein kontinuierlicher Anstieg ein, bei dem in den 2000er-Jahren der alte Rekord der 1940er-Jahre deutlich überboten wurde. Die laufende Dekade seit 2010 hat einen weiteren, wenn auch nur noch geringfügigen Anstieg gebracht. Festzuhalten ist jedoch, dass das Temperaturniveau im April seit dem Jahre 2010 um 2,15 Grad Celsius über dem Mittelwert des 20.Jahrhundert und 3,02 Grad über dem Niveau der 1970er-Jahre liegt.
Wenden wir uns abschließend den gemessenen Sonnenscheinstunden zu. Auch hier hat es eine deutliche Steigerung gegeben.
So kalt wie sich die erste Dekade des 20. Jahrhunderts in den April-Monaten zeigte, so „trübe“ war sie auch. Ähnlich wie bei den Temperaturen gab es auch hier bis zu den 1940er-Jahren eine Steigerung. Zwar ist die Entwicklung der gemessenen Sonnenscheinstunden zu jener der Temperatur nicht völlig synchron verlaufen, doch sind bei der Betrachtung doch einige Parallelen auszumachen (was teilweise auch in der Natur der Sache liegt). So gab es bis zu den 1970er-Jahren einen drastischen Rückgang der Sonnenscheinstunden und seit den 1980er-Jahren wieder einen Anstieg. Wie auch bei der Temperatur, brachen die 2000er-Jahre den einstmaligen Dekadenrekord der 1940-Jahre und die Jahre ab 2010 brachten eine weitere (wenn auch moderate) Steigerung.
Schlussbetrachtung
Der Monat April ist typischerweise ein Übergangsmonat, bei dem sich die Luft bodennah durch die verlängerte Sonnenscheindauer bereits stark erwärmt und in größerer Höhe auf Kaltluft trifft, die zumeist aus nordwestlichen oder nördlichen Richtungen nach Mitteleuropa strömt. Die Grundkonstellation führt dann meist zu dem klassischen Aprilwetter mit verstärkter Quellwolkenbildung und Schauertätigkeit. Grundvoraussetzung für solches Wetter ist jedoch, dass die atmosphärische Höhenströmung noch „kalt geprägt ist“ und eben aus Norden, Nordwesten oder Nordosten kommt.
In den letzten Jahren hat sich die Grundzirkulation der Strömungsmuster in Europa jedoch verändert. Gerade im April kam es nun verstärkt zu Hochdruckwetterlagen mit Südwestströmungen, die verstärkt Warmluft vom Mittelmeer bzw. Nordafrika nach Mitteleuropa gelenkt haben. Durch diese Häufung solcher warmen Hochdruckwetterlagen sind in den April-Monaten nicht nur die Temperaturen, sondern auch die gemessenen Sonnenscheinstunden gestiegen.
Bei den Temperaturen häuften sich jedoch nicht nur die eigentlichen gemessenen Durchschnittstemperaturen, sondern auch die registrierten Temperaturereignisse.
Im 20. Jahrhundert gab es im April pro Dekade im Schnitt 35 sog. „Warme Tage“ (Tage mit einer Maximaltemperatur von 20,0 Grad oder darüber). In den 1990er-Jahren waren es bereits 50 (was in etwa dem hohen Niveau der rekordhaltenden 1940er-Jahre entsprach) und in den 2000er-Jahren waren es dann 76 solcher Tage. In der laufenden Dekade wurden inclusive des Aprils 2018 jetzt 72 „Warme Tage“ registriert. Bei den Sommertagen (Tage mit einer Maximaltemperatur von 25,0 Grad oder darüber) wurden im April pro Dekade im Schnitt sechs solcher Tage registriert, in den 1990er-Jahren 14, in den 2000er-Jahren 16 und seit dem April 2010 lediglich sieben. Dies zeigt, dass sich durch die veränderten Großwetterlagen ein bestimmtes Wärmepotenzial standardisiert. Das bedeutet, die „alltägliche Normalwärme“ hat deutlich zugenommen, während sich die Extremwärme zwar ebenfalls häuft, doch nicht so heftig.
Schauen wir uns dazu im Vergleich einmal die September-Monate an, die hinsichtlich der Tageslänge den April-Monaten in der zweiten Jahreshälfte ja am ehesten entsprechen.
Im 20. Jahrhundert gab es im September pro Dekade im Schnitt 118 sog. „Warme Tage“. In den 1990er-Jahren waren es aber nur 106, in den 2000er-Jahren dann 134 und seit 2010 gab es 99 solcher Tage (zu berücksichtigen ist, dass der September 2018 noch nicht stattgefunden hat, es ist also einer weniger). Dies zeigt, dass es auch hier eine Steigerung gab (besonders in den 2000er-Jahren, doch blieb diese verhaltener als in den April-Monaten und hat sich (zumindest bis zum Jahr 2017) in den 2010er-Jahren nicht fortgesetzt. Bei den Sommertagen sieht es wie folgt aus: 32 im Mittelwert des 20. Jahrhunderts pro Dekade, in den 1990er-Jahren waren es nur 27, in den 2000er-Jahren gab es eine Steigerung auf 44 und seit 2010 gab es 27 Sommertage in einem September. Das Grundmuster ist also ähnlich wie bei den „Warmen Tagen“: Ein Rückgang in den 1990er-Jahren, ein stärkerer Anstieg in den 2000er-Jahren, der sich (zumindest nach heutigem Stand) in den 2010er-Jahren nicht fortzusetzen scheint. Diese Entwicklung unterscheidet sich eben doch erheblich von jener in den April-Monaten, bei der seit dem Jahr 1989 eine kontinuierliche Steigerung registriert werden konnte.
Warum sich die veränderten atmosphärischen Zirkulationsmuster in den Frühlingsmonaten wie dem April stärker bemerkbar machen wie in den Herbstmonaten, ist einstweilen noch völlig unklar. Möglich ist, dass die Herbstmonate bei einer Fortdauer der modernen Klimaerwärmung dasselbe Schicksal ereilt. Immerhin wurde mit dem September 2016 ebenfalls ein Wärme-Rekord-Monat gemessen, der im April 2018 nunmehr eine Entsprechung findet. Möglicherweise wird die Wissenschaft mit immer ausgefeilteren computergestützen Simulationstechniken auf diese Fragen bald eine Antwort finden. Im Augenblick bleibt uns nichts anderes übrig, als erst einmal festzustellen, dass es so ist.
Markus Seebass
im Mai 2018
Achtung:
Die Statistiken 1a, 1c, und 12a beinhalten das für diesen Artikel
relevante Datenmaterial.