Der Sommer 2020

 

Der Sommer 2020 war nicht mehr ganz so heiß wie seine Vorgänger aber erneut sehr trocken

 

von Markus Seebass

 

Nach den zwei rekordwarmen Sommern 2018 und 2019 hat sich das Temperaturniveau im Sommer 2020 wieder etwas normalisiert. Der Sommer 2020 war mit einer Durchschnittstemperatur von 19,57 Grad Celsius allerdings immer noch um deutliche 2,22 Grad „zu warm“. Mit diesem Mittelwert liegt der Sommer 2020 zusammen mit dem Sommer 2006 im Temperatur-Ranking aller Sommer seit 1893 auf dem sechsten Platz. Somit lag dieser Sommer im Gegensatz zu den beiden Vorgängern der Jahre 2018 und 2019 (20,72 Grad bzw. 21,06 Grad) nicht mehr im Rekordbereich – wohl aber immer noch im Extrembereich. Auch im deutschen Vergleich lag die Wetterstation auf dem Potsdamer Telegrafenberg bei der Temperatur damit im vorderen Bereich. Allerdings gab es in Deutschland in diesem Sommer ein Süd-Nord-Gefälle. Während in Süddeutschland der Sommer teilweise noch wärmer war, nahm das Wärmeniveau immer weiter ab, je weiter man nach Westen oder Norden kam. In Teilen Schleswig-Holsteins bzw. an den Küstenregionen Niedersachsens und Mecklenburg-Vorpommerns bewegte sich dieser Sommer hinsichtlich seiner Temperaturen im Jahresranking meistens zwischen dem zehnten und dem 15. Platz.

Der Sommer 2020 begann zunächst recht unspektakulär. Andauernde Westwetterlagen sorgten dafür, dass der Juni nur mäßig und der Juli fast gar nicht übertemperiert waren. Mit einem Durchschnittswert von 18,21 Grad wies der Monat Juli lediglich einen Temperaturüberschuss von 0,07 Grad auf und kann damit statistisch sogar als „normal“ gewertet werden. Im August jedoch kam es zu einer längeren Hitzewelle, da sich jetzt von Südwesten eine relativ stabile warme Hochdruckwetterlage durchsetzen konnte, in deren Verlauf es sogar zu zwölf Heißen Tagen direkt hintereinander kam. Im Gegensatz zu den beiden Vorsommern dominierten in diesem Jahr allerdings eher die West - und nicht die Südwestwetterlagen, weshalb das Temperaturniveau eben nicht ganz so hoch war. Doch schauen wir uns den Sommer 2020 in der Rückschau noch einmal genauer an:

 

Teil 1 – Temperatur

Wie schon erwähnt war der Sommer 2020 mit einer Gesamttemperatur der drei Monate Juni, Juli und August von 19,57 Grad Celsius um 2,22 Grad zu warm. Die größte Wärme konzentrierte sich auf den Monat August, während der Monat Juli fast durchschnittlich geblieben war. Der August war der zweitwärmste seit Aufzeichnungsbeginn, lediglich der August 2015 war noch 0,07 Grad wärmer. Die höchste gemessene Temperatur lag bei 36,4 Grad Celsius und diese wurde gleich an zwei Tagen erreicht, dem 09.08.20 und am 21.08.20.

 

Tabelle 1   Durchschnittliche Temperaturen der einzelnen Monate im Sommer 2020 und deren        

                   Abweichungen von den Mittelwerten des 20. Jahrhunderts (Grad Celsius)

 

                                             

Juni

Juli

Aug

Ds.  1900 - 1999

16,47

18,21

17,36

17,35

Sommer 2020

18,70

18,28

21,69

19,57

Abweichung

2,23

0,07

4,33

2,22

 

Farben: Rosa = überdurchschnittlich temperiert.  Blau = unterdurchschnittlich temperiert.

 

Mit 86 registrierten Warmen Tagen wurde erneut eine sehr hohe Zahl erreicht, auch wenn diese Zahl zwei Tage unter dem Wert des Vorsommers liegt. In einem Durchschnittssommer (1900 bis 1999) sind hingegen nur 67,6 Warme Tage zu erwarten. Mit 49 Sommertagen wurden allerdings elf Sommertage weniger registriert als in den Sommermonaten des Vorjahres (60 Tage). Statistisch wären 30,0 Sommertage in den Monaten Juni, Juli und August zu erwarten gewesen. Heiße Tage wurden insgesamt 17 registriert, von denen zwei im Juni und 15 im August gezählt wurden. Im Monat Juli wurde die Temperatur von 30,0 Grad Celsius nicht erreicht und es gab somit keinen Heißen Tag. Statistisch wären 7,3 Heiße Tage zu erwarten gewesen. Das Temperaturniveau von 35,0 Grad wurde insgesamt an drei Tagen erreicht bzw. überschritten. Diese drei Tage lagen allesamt im August. Tage mit einem Minimalwert von 20,0 Grad oder darüber (die Nächte solcher Kalendertage werden „Tropennächte“ genannt) traten fünf auf, ebenfalls allesamt im Monat August. Am 09.08.20 trat mit 21,3 Grad Celsius die wärmste Minimaltemperatur eines Tages auf. Somit war die Nacht vom 08.08.20 auf den 09.08.20 die mildeste Nacht des Sommers 2020. Mit diesem Sommer sind jetzt sieben Sommer seit der Jahrtausendwende zu den Top-Ten-Wärmesommern zu zählen (2003, 2006, 2010, 2015, 2018, 2019 und 2020). Aus dem vergangenen Jahrhundert wären zu den „Wärme-Top-Ten-Sommern lediglich noch die Jahre 1983 1992 und 1997 hinzuzuzählen. Der Sommer 1983 ist der einzige Sommer aus der Zeit vor dem modernen Klimawandel (1989 - vgl. Artikel 1), der noch heute zu den zehn wärmsten Sommern seit Aufzeichnungsbeginn zu zählen ist.

 

Teil 2 – Sonnenschein

Hinsichtlich der gemessenen Sonnenscheinstunden hat sich im Sommer 2020 ebenfalls wieder eine Normalisierung ergeben. In allen drei Monaten zusammen genommen wurden am Potsdamer Telegrafenberg 734,7 Sonnenscheinstunden gemessen. Das sind zwar noch immer 55,7 Stunden mehr als durchschnittlich zu erwarten gewesen wären, doch der Sonnenscheinüberschuss ist im Vergleich zu den beiden Vorsommern moderat.

 

Tabelle 2    Sonnenscheinstunden der einzelnen Monate im Sommer 2020 und deren

                   Abweichungen von den Mittelwerten des 20. Jahrhunderts (h)

 

Juni

Juli

Aug

Ds.  1900 - 1999

232,7

233,0

213,3

679,0

Sommer 2020

236,9

247,6

250,2

734,7

Abweichung

4,2

14,6

36,9

55,7

 

Farben:  Gelb = überdurchschnittliche Sonnenscheindauer  Grau = unterdurchschnittliche Sonnenscheindauer

 

Im Sommer 2019 waren noch 847,5 Sonnenstunden und 2018 sogar 874,0 Sonnenscheinstunden gemessen worden. Dabei war der Sonnenschein über die drei Monate auch einigermaßen gleich verteilt. Der Juni blieb fast im Durchschnitt (4,2 Stunden), im Juli wurde mit insgesamt 247,6 Sonnenscheinstunden ein leichter Überschuss registiert (14,6 Stunden) und im August gab es einen moderaten Überschuss von 36,9 Stunden.

 

Teil 3 – Niederschlag

Der Sommer 2020 war auch in diesem Jahr zu niederschlagsarm und diese Defizite verteilten sich einigermaßen gleichmäßig auf alle drei Monate. Mit 146,2 Millimetern gefallenen Niederschlags, lag das Defizit bei 48,6 Millimeter. Durchschnittlich wären in einem Sommer am Telegrafenberg 194,8 Millimeter Niederschlag zu erwarten gewesen. Mit einem Niederschlagsdefizit von 1,2 Millimeter war der Juni fast durchschnittlich ausgefallen, im Juli lag das Defizit bei 21,8 und im August bei 25,6 Millimeter. Diese Werte sind jedoch noch als moderat einzustufen.

 

Tabelle 3    Niederschläge der einzelnen Monate im Sommer 2020 und deren Abweichungen            

                   von den Mittelwerten des 20. Jahrhunderts (mm.)

 

Juni

Juli

Aug

Ds.  1900 - 1999

64,1

66,5

64,2

194,8

Sommer 2020

62,9

44,7

38,6

146,2

Abweichung

-1,20

-21,80

-25,60

-48,6

Farben: Beige = unterdurchschnittlicher Niederschlag.  Grün = überdurchschnittlicher Niederschlag

 

Wie in der Presse in der Vergangenheit häufig zu lesen war besteht gerade im Nordosten Deutschlands eine starke Trockenheit. Dies gilt auch für Potsdam, doch ist diese hier längst nicht so ausgeprägt wie in anderen Landstrichen wie z. B. der Prignitz oder der Uckermark. Das Problem ist, dass viele Niederschläge allerdings nicht in der Form eines lang anhaltenden Landregens fallen, sondern in Form von heftigen Gewittern und Regenschauern. Von den 38,6 Millimetern Niederschlag des Monats August fielen allein 20,1 Millimeter an einem Tag (30.08.20). Diese kurzzeitigen intensiven Niederschläge helfen jedoch nicht, die sehr trockenen Böden nachhaltig zu befeuchten, so dass die Trockenheit in der Natur weit größer ist, als es die statistischen gemessenen Werte vermuten lassen.

 

Schlussbetrachtung

Der Sommer 2020 war eigentlich völlig normal - legt man die Sommer der letzten Dekade ab dem Jahre 2010 als Maßstab zugrunde. Doch er war auch - wie schon erwähnt – der sechstwärmste Sommer seit Aufzeichnungsbeginn und er war somit keineswegs „normal“, sondern ist als extrem zu bezeichnen. Dieses Prädikat kann freilich an die meisten der Sommer seit dem Jahre 2010 vergeben werden. In den Monaten Juni und Juli befand sich Deutschland meistens in einer Grenzwetterlage. Süddeutschland profitierte meistens von Hochdruckgebieten, die von West nach Ost zogen und aus Südwesten Warmluft mitbrachten. In Norddeutschland hingegen machten sich meistens Tiefdruckgebiete bemerkbar, die parallel zu den Hochdruckgebieten im Süden von West nach Ost zogen. Potsdam befand sich hier häufig im Übergangsbereich, was zu mäßig warmen Temperaturen und auch Niederschlägen führte. Längere sonnige Abschnitte und Schönwetterphasen waren eher selten. Im August hatte sich das dann geändert. Jetzt dominierte Hochdruckeinfluss mit der Zufuhr sehr warmer Luft aus Nordafrika und sehr viel Sonnenschein. Seit den 2000er-Jahren ist es häufiger zu beobachten, dass zwei der drei Sommermonate durchschnittlich ausfallen und der dritte Monat sich dann stark übertemperiert zeigt. Dies hat zur Folge, dass diese Sommer dann deutlich über den Durchschnittswerten der Temperatur liegen und in den letzten Jahren auch lagen. Längere Kühlphasen gibt es in den Sommern Mitteleuropas schon seit über 20 Jahren nicht mehr. Der letzte leicht untertemperierte Sommer war jener des Jahres 1998 und der letzte „wirklich kühle Sommer“ war jener des Jahres 1993. Stärker noch als in den Wintermonaten, unterliegen die Sommermonate eine Beeinflussung des Wetters von Westen, Südwesten und Süden her. Längere Kaltphasen, wie sie noch in den 1980er-Jahren in den Sommern aufgetreten sind, kommen quasi gar nicht mehr vor. Im Sommer 1993 hatten sich subpolare Kaltluftmassen letztmalig über längere Zeit in Mitteleuropa etablieren können. Für die Normalbevölkerung dürfte das weniger ein Problem sein, da auch die Sonnenscheinstunden seit einigen Jahrzehnten kontinuierlich zunehmen. Diese Tatsachen machen Deutschland auch für Urlauber zunehmend attraktiver. Die Landwirtschaft hingegen stellt das vor erhebliche Probleme, worüber auch die Presse regelmäßig berichtet. In dieses Bild passt auch der Sommer 2020. Man könnte ihn daher als Kontinuitätssommer bezeichnen: Nicht ganz so heiß, nicht ganz so sonnig und nicht ganz so trocken wie die Vorgänger aber dennoch wärmer, sonniger und trockener als die Sommer, wie es sie früher einmal gab.

 

Markus Seebass

im September 2020